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Hospitantinnen aus Tschechien: „Weiden, ich moch de!“

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Hospitantinnen aus Tschechien: „Weiden, ich moch de!“

Anfang Oktober bekamen die Europa-Berufsschule und die dazugehörigen Sprachenschulen Besuch aus Tschechien: Die Lehrerinnen Taťána Pohořalová und Jana Doskočilová verbrachten 14 Tage in Weiden und lernten dabei das bayerische Schulsystem in etlichen Facetten kennen, denn auch die Volkshochschule Weiden-Neustadt bot den Gästen die Möglichkeit, hinter ihre Kulissen zu schauen. Die Hospitantinnen zeigten sich offen für alles, sprangen im Tschechischunterricht der Fachakademie bei der Vorbereitung auf die mündlichen CCE-Prüfungen mit ein und lernten fleißig neue deutsche Wörter und Wendungen. Den größten Eindruck machte ihnen dabei die Frage der Kollegen in der Kfz-Abteilung nach ihren „Baujahr“, sprich ihrem Alter. Ein großes Dankeschön an alle Beteiligten, die diese Hospitation unterstützten, und an die Gäste, die mit ihrer positiven Einstellung und Neugierde eine echte Bereicherung des Schullebens darstellten.

Mein Name ist Taťána Pohořalová, ich komme aus der Kleinstadt Krásno (20 km von Karlsbad entfernt) in Westböhmen und unterrichte Deutsch und Tschechisch an einer Hauptschule mit erweitertem Sprachunterricht in Sokolov. Das Tschechische Ministerium für Schulwesen, Jugend und Sport hatte dieses Jahr wieder Stipendien für 14tägige Hospitationen an bayerischen Schulen ausgeschrieben, die das Bayerische Kultusministerium mitfinanziert und koordiniert, und ich habe eines bekommen. Ich bin vom 7. bis zum 18. Oktober in Weiden in der Oberpfalz am Beruflichen Schulzentrum gelandet. Da bin ich kein Neuling, weil ich hier schon vor zwei Jahren hospitierte.

Lange im Voraus setzte ich mich mit Andrea Hielscher, der Fachbetreuerin für Fremdsprachen an der Weidener Sprachenschulen, in Verbindung, um mein Programm zu planen und eine Unterkunft zu organisieren. Sie stellte mir die zweite Hospitantin vor, Jana Doskočilová aus dem Gymnasium Holice. Jana kam nach Karlsbad zu mir und wir reisten am Sonntag, den 6. Oktober, zusammen weiter. Wir wurden im Hotel Weile ganz nah bei der Schule in zwei gemütlichen Einzelzimmern untergebracht. Andrea Hielscher veranstalte für uns ein Begrüßungsabendessen, wo wir Leona Jiránková aus der Berufsoberschule für Informatik und Finanzdienstleistungen in Pilsen kennenlernten. Mit ihren Praktikanten besuchten wir am nächsten Tag die Praktikumsplätze bei Stadtmarketing Weiden im Alten Rathaus und der Agentur für Arbeit in Weiden. Wir wurden von Andrea Hielscher zu Schulleiter Josef Weilhammer begleitet, der uns herzlich begrüßte und sich für unsere Lehrertätigkeit sehr interessierte.

Am Dienstag begann unsere Hospitation, die nach einem sorgfältig ausgearbeiteten Plan verlief. Wir verbrachten die nächsten Tage in verschiedenen Klassen, wo wir nicht nur von allen Schülern, sondern auch von allen Lehrkräften mit großer Gastfreundlichkeit empfangen wurden. Wir besuchten sowohl Abteilungen an der Berufsschule als auch Deutsch-Intensivkurse an der Staatlichen Berufsfachschule für Fremdsprachenberufe und Unterricht in den Fächern Übersetzung aus und in die Fremdsprache (Englisch-Deutsch, Tschechisch-Deutsch, Deutsch-Arabisch). In der letztgenannten Klasse erlebte ich eine große Überraschung – die arabischen Studenten erinnern sich noch an meine vorherige Hospitation und begrüßen mich begeistert. Ich konnte ihre damaligen und gegenwärtigen Deutschkenntnisse vergleichen. Und ich muss sagen – ein Unterschied wie Tag und Nacht!

Sehr beeindruckt war ich von der Arbeit in den Deutschförderkursen für Menschen mit Migrationshintergrund an der Volkshochschule Weiden-Neustadt, besonders, weil hier als Lehrer ein junger Tscheche namens Martin Zieris tätig ist. Er sorgte in der Klasse für eine Atmosphäre von großer Herzlichkeit, guter Laune, viel Humor und echter Freude bei der Arbeit, obwohl die Schüler aus so unterschiedlichen Ländern wie Polen, Rumänien, Syrien, Irak und Russland kommen. Die meiste Zeit verbrachte ich im Tschechischunterricht der Fachakademie. Die Schüler im Kurs bereiteten sich auf die A2–C1 Prüfungen an der Karls-Universität in Prag vor. Ich übte mit ihnen Leseverstehen und Sprechfertigkeit. Ihre Sprachkenntnisse waren für mich eine angenehme Überraschung, sie alle haben sehr gute Arbeit geleistet.

Dankbar waren wir auch Harald Krämer von der Volkshochschule Weiden-Neustadt für die Begleitung zur Offenen Ganztagsschule des Augustinus-Gymnasiums Weiden. Mit dem Programm einer Ganztagsschule haben wir in der Tschechischen Republik gar keine Erfahrungen. All das könnten wir als Inspiration mit nach Hause nehmen.

Ein besonderes Erlebnis war der Besuch in der Berufsschule, und zwar in den Abteilungen Kfz und Holztechnik. Helmut Meier und Markus Hemmer waren sehr nett zu uns und obwohl wir keine technische Ausbildung haben, machte es uns Spaß.

Der Hospitationsaufenthalt war mir viel wert, weil ich nicht nur den Unterricht anschauen konnte, sondern auch meine Fremdsprachkenntnisse wesentlich vertieft habe. Eine schöne letzte Erinnerung für mich bleibt nicht nur das Abschiedstreffen mit Schulleiter Josef Weilhammer und seinem Stellvertreter Thomas Neumann, sondern auch das Abschieds-Abendessen mit unserer netten, sympathischen, aufmerksamen und immer gut gelaunten Gastgeberin Andrea Hielscher. Weiden, ich moch de!

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Mein Name ist Jana Doskočilová, ich bin Deutsch- und Französischlehrerin aus Tschechien und unterrichte seit 20 Jahren am Dr.-Emil-Holub-Gymnasium in Holice bei Pardubice in Ostböhmen.

 Anfang des Jahres 2019 bewarb ich mich beim Tschechischen Ministerium für Schulwesen, Jugend und Sport um einen Fortbildungsaufenthalt in Bayern. Mitte Juni wurde mir ein Aufenthalt im Beruflichen Schulzentrum in Weiden in der Oberpfalz zugesagt. Gleichzeitig wurde ich von Andrea Hielscher, der Fachbetreuerin für Fremdsprachen, angesprochen. Per E-Mail schickte sie mir alle nötigen Informationen über die Schule zu, reservierte für mich ein Hotelzimmer und Anfang September wurde mir noch ein detaillierter Hospitationsplan zugeschickt.

Vom 7. bis zum 18. Oktober nahm ich also an verschiedenen Unterrichtsstunden teil, sei es an der Europa-Berufsschule, an der Berufsfachschule für Fremdsprachen, an der Fachakademie für Übersetzen und Dolmetschen oder in den Integrationsklassen der VHS (Volkshochschule Weiden-Neustadt). Es gab noch eine andere hospitierende Lehrerin aus Tschechien, Taťána Pohořalová aus einer Hauptschule in Sokolov; wir hatten (außer dem Französischunterricht) fast den gleichen Hospitationsplan. Im Laufe der Woche stellte ich fest, dass in Weiden ziemlich viele Schüler Tschechisch als Fremdsprache lernen, entweder aus familiären oder beruflichen Gründen. Im Unterricht von Andrea Hielscher an der Fachakademie schätzte ich den Einsatz und die Mühe aller Teilnehmer sowie der Lehrerin sehr hoch. Ich konnte auch im Unterricht helfen, denn die Schüler bereiteten sich gerade auf die Prüfungen A2/B1 der Karls-Universität in Prag vor und man übte den mündlichen Ausdruck, wobei ich als Muttersprachlerin Fragen zu bestimmten Themen stellen oder auch sonst im Unterricht mitmachen konnte.

Im DaF-Unterricht bei Martin Zieris an der VHS schaute ich zu, wie man den Spätaussiedlern aus vielen Ländern die deutsche Sprache beibringt. Die Gruppe war eine echte Mischung von Nationen, Religionen und Sprachen (Irak, Palästina, Syrien, Mali, Eritrea, Polen, Russland usw.) mit einem gemeinsamen Ziel: Deutsch zu lernen. Es handelte sich um einen sehr intensiven Kurs (25 Stunden pro Woche), der nach etwa vier Monaten mit einer B1-Prüfung beendet werden sollte. Von allen Leuten wurden Frau Pohořalová und ich sehr nett aufgenommen, man lud uns sogar zu einem arabischen hausgemachten Frühstück ein!

Ein angenehmes Erlebnis war für mich auch der Unterricht in Handelskorrespondenz Französisch bei Daniela Fuhrmann, obwohl es ziemlich anstrengend ist, zwischen zwei Fremdsprachen zu wechseln. Genauso interessant waren auch die Unterrichtsstunden in der Integrationsdolmetscherklasse an der Fachakademie, wo sich Schüler aus arabischsprachigen Ländern auf den Beruf als Dolmetscher und Übersetzer vorbereiteten. Da hatten wir z. B. die Gelegenheit, Simultanübersetzungen verschiedener politischer Reden zu hören. Ich versuchte auch selbst, ein paar Sätze aus der Rede des ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy aus dem Französischen ins Deutsche zu übersetzen.

Am meisten war ich von der Arbeit der Lehrkräfte an der Europa-Berufsschule in den Asylklassen beeindruckt. Da muss man wirklich die tüchtige und geduldige Arbeit der Lehrer bewundern.

Vom Anfang an freute ich mich vor allem auf den Besuch des Augustinus-Gymnasiums, denn dort sollte uns die sogenannte Ganztagsschule näher vorgestellt werden. Dorthin begleitete uns an einem Nachmittag Harald Krämer von der VHS und erklärte sehr sorgfältig alle Grundregeln dieses Betreuungsmodells der Schüler, das wir als perfekt organisiert empfanden.

An einem Tag gab es auch die Gelegenheit, alle Werkstätten der Berufsschule zu besuchen und am praktischen sowie theoretischen Unterricht teilzunehmen. Abteilungsleiter Helmut Meier führte uns z. B. zum Unterricht in der 12. Klasse bei den Schreinern. Da lief gerade eine Stunde in Form von selbstständigem Lernen mit der Tandem-Unterstützung zweier Lehrkräfte. Ich schätzte auch die Möglichkeit, bei den Mechatronikern eine Rundfahrt mit dem Elektroauto zu unternehmen. In allen Werkstätten konnten wir moderne Ausrüstung und Maschinen bewundern. All dies kann den Azubis ihre künftige Arbeitswelt möglichst glaubhaft zeigen und ermöglicht ihnen, die theoretischen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen.

Ich konnte selbstverständlich mit Taťána auch außerhalb der Schule etwas unternehmen. So machten wir am Wochenende eine Wanderung ins nahgelegene Naturschutzgebiet Waldnaabtal; insgesamt haben wir 28 km zu Fuß zurückgelegt! Am Sonntag waren wir dann noch in Nürnberg. Wunderbare Erlebnisse wurden noch mit herrlicherem Herbstwetter gekrönt.

Ich möchte mich bei Josef Weilhammer, dem Schulleiter, herzlich für diese Gelegenheit bedanken, Sprache, Kultur und Schule in Bayern näher kennenlernen zu können, denn solche selbst erlebte Landeskunde ist durch nichts zu ersetzen.

Mein größter Dank geht an Andrea Hielscher für ihre Energie und Zeit, die sie uns zwei Wochen lang widmete, und für ihre Mühe, mit der sie uns geduldig alles erklärte und unsere Deutschkenntnisse wesentlich vertiefte.