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Sommerschule Pilsen 2019: Intensivkurs in Sprache, Berufswelt und Kultur

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Sommerschule Pilsen 2019: Intensivkurs in Sprache, Berufswelt und Kultur

Mitte Juli 2019 brachen die Tschechischlerner des 1. und 2. Jahrgangs der Fachakademie nach Osten auf, um im Rahmen des Projekts Erasmus+ an der Pilsener Universität tiefer in Sprache, Kultur und Arbeitswelt des Nachbarlandes einzutauchen. Es wurden zwei ereignisreiche Wochen, die Janina Landstorfer, Christian Häckl, Patricia Wolfrath und Anna Thomas (alle FAE 2) in Wort und Bild festgehalten haben. Ein herzlicher Dank geht an die Koordinatorin der Sommerschule an der Westböhmischen Universität, Daniela Kopřivová, für die tolle Organisation, das abwechslungsreiche Programm sowie die Fotos der Gesamtgruppe und der Firmenbesichtigung.

Studenten von allen Kontinenten – die Weidener winken zentral zwischen der mittleren und rechten Säule – trafen sich zum Tschechischlernen an der Pilsener Universität

Pilsen die erste: Reisen, Essen, Zurechtfinden (Janina)

Da wir uns alle auf die Sommerschule in Pilsen freuten, waren wir viel zu früh am Treffpunkt vor der Schule, was Frau Hielscher zu überraschen schien. Dies warf natürlich die Frage auf: Waren wir JEMALS zu spät gekommen?

Wir hatten nicht lange Zeit, darüber nachzudenken, denn da kam auch schon Martin Moravec, Reisebüroinhaber und Ratgeber für alle Fälle, der uns höchstpersönlich nach Pilsen bringen sollte. Während der Fahrt fungierte er als privater Reiseführer; er erklärte uns die Sehenswürdigkeiten auf der Strecke, und immer, wenn wir ein Wort auf Tschechisch wussten, warfen wir es ihm entgegen. In Pilsen angekommen, half uns Martin, unser Gepäck zur Rezeption zu schleppen und verließ uns daraufhin.

Das Einchecken verlief reibungslos. Wir bekamen unsere Zimmer zugeteilt und sollten um 19 Uhr zu einer Infoveranstaltung kommen, auf der wir alles Wissenswerte und Unterlagen erhalten würden. Anna und Patricia teilten sich ein Zimmer und Christian teilte sich eins mit Adrian aus der FAE 2. Aus unerfindlichen Gründen bekam Janina allein ein Vierbettzimmer, das so automatisch zu unserem Aufenthaltsraum wurde.

Auf dem Weg zur Infoveranstaltung stellten wir fest, dass diese nicht stattfand. Man sagte uns, dass uns später jemand auf dem Zimmer die Unterlagen geben würde. Zumindest dachten wir, dass uns dies die Damen an der Rezeption mitgeteilt hätten. Als jedoch niemand kam und wir beim erneuten Nachfragen bemerkten, dass man an der Rezeption bereits auf uns wartete, stellten wir fest, dass gewisse Details die Sprachbarriere wohl nicht passiert hatten. Aber jetzt hatten wir (fast) alles, was wir brauchten, und konnten loslegen.

Das leckere Frühstück beim „Švejk“ bereitete perfekt auf den Tag vor

Den Weg zum Frühstück im Restaurant Švejk fanden wir ohne Probleme. Dort gab es alles, was das Herz begehrt – von Gebäckstückchen über Käse, Wurst, Brot, Semmeln, Müsli und Gemüse. An den meisten Tagen gab es zusätzlich Rührei und am Wochenende manchmal Pancakes. Eines Samstags entdeckten wir die runden Köstlichkeiten und riefen uns freudig „Pancakes!“ zu. Der Betreiber hörte dies und stimmte gleich mit in unser Freudengeheul ein.

Der Weg zur Schule gestaltete sich schon etwas schwieriger, aber dank Google Maps schafften wir es, trotz vieler Baustellen rechtzeitig an der Uni anzukommen. Allerdings wussten wir nicht, wo sich der Raum befand, in dem wir uns melden sollten. Überall suchten wir Raum 300. Wir waren kurz davor, unsere Angst hinunterzuschlucken und jemanden auf TSCHECHISCH zu fragen, da hörten wir, wie eine Dame etwas fragte, und verstanden nur „tři sta“, also genau das Zauberwort „dreihundert“. Daraufhin folgten wir ihr unauffällig und kamen noch pünktlich im Vorlesungssaal zur Eröffnungsveranstaltung an.

Das Essen in der Mensa war so, wie man sich Mensaessen vorstellt. Man hatte die Auswahl zwischen vier bis fünf Gerichten. Die wurden in einer Art Schaukasten ausgestellt, man merkte sich die Nummer und stellte sich in der entsprechenden Schlange an. Manchmal schien es allerdings, als müsste man die Damen an der Essensausgabe davon überzeugen, dass man ihnen eigentlich nichts Böses wollte.

Wir hatten Gutscheine über jeweils 75 Kronen erhalten. Jeden Tag konnten wir einen einlösen, was die Kosten eines Essens deckte. In einem Glaskasten an der Kasse gab es auch Salate. Eines Tages wagte sich Anna an einen Karottensalat. Am Tisch musste sie feststellen, dass dieser aus geraspelten Karotten, Wasser und Zucker bestand, wobei der Zucker wohl einen Großteil der Würze darstellte.

Abends besuchten wir manchmal Gaststätten in der Nähe, darunter ein Sushi-Restaurant; an anderen Tagen kauften wir Lebensmittel zum Aufbacken und nutzten die Küche im Studentenheim. Die Abende, an denen wir Tiefkühlpizzen und Nuggets aus Kartons aßen, weil wir kein Geschirr hatten, zeugten von Stil und Eleganz und waren zudem sehr lustig.

Am Tag der Abreise packten wir unsere Sachen und warfen die Plastikflaschen weg, die wir zuvor gehortet hatten, obwohl wir theoretisch wussten, dass es kein Pfand darauf gab. Die Flaschen zu zerknüllen und wegzuwerfen, fühlte sich nach all den Jahren der Pfandrückgabe in Deutschland doch irgendwie falsch an. Plötzlich ging alles sehr schnell und der kleine Bus wartete schon vor der Tür. Da nicht das gesamte Gepäck in den Kofferraum passte, wurden Koffer, Rucksäcke und Gitarren in den Innenraum gehievt und wir fuhren geschafft, jedoch glücklich nach Hause.

Pilsen die zweite: Wohnen (Christian)

Nach der Ankunft im Wohnheim bekamen wir die Zimmerschlüssel und alle nötigen Informationen und gingen erschöpft von der Fahrt auf unsere Zimmer. Sie hatten meist zwei oder vier Betten und waren sehr geräumig. Die Betten waren bequem, wenn auch leider für manchen etwas klein, was aber im Endeffekt nicht störte. Das Wohnheim war mit zwei Küchen pro Stockwerk ausgestattet und hatte für beide Geschlechter Toiletten und Duschen. Die waren aber auf dem Gang und nicht immer in unmittelbarer Nähe der Zimmer, was die tägliche Wasch- und Kochroutine etwas kompliziert gestaltete. Durch die übersichtliche Aufteilung der Stockwerke war es kein Problem, sich mit den anderen zu treffen, um den Abend ein bisschen aufregender zu gestalten.

Küchenausstattung mussten wir selbst kaufen oder mitbringen, was oft zu improvisierten Abendessen führte. Aber das war auch die einzige Mahlzeit, die wir selbst organisieren mussten. Man konnte sogar seine Kleidung im Wohnheim waschen. In der Umgebung gab es eine Schule, weitere Wohnheime, eine Polizei- und Notarztzentrale und ein Stück weiter weg einige Restaurants, einen Discounter und kleinere Geschäfte. Das ermöglichte eine gute Selbstverpflegung und gab dem Heim eine angenehme Atmosphäre. Insgesamt war alles zweckmäßig und wohnlich.

Pilsen die dritte: Freizeit und Fahrten (Patricia)

Unser Autorenquartett vor der mondänen Kulisse des Kurorts Marienbad

Wenn man schon die Möglichkeit hat, zwei Wochen in Pilsen zu verbringen, dann stellt sich natürlich die Frage: Was tun, wenn der Unterricht vorbei ist?

In der Sommerschule gab es eine ganze Reihe Aktivitäten und Exkursionen, um auf möglichst kurze Zeit möglichst viel Pilsen an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Von Speed Dating bis Karaoke über Laser Tag und Tagesausflüge: Das Programm ließ keine Wünsche offen.

Wir interessierten uns besonders für die Exkursionen an den Wochenenden, und ehe wir es uns versahen, saßen wir am Samstag auch schon im Bus auf dem Weg nach Teplá, zu Deutsch Stift Tepl. Dort bekamen wir eine kurze, aber aufschlussreiche Führung durch das Kloster. Highlight war die Besichtigung der wunderschönen Bibliothek. Wer der tschechischen Sprache nicht ganz mächtig war, hatte nichts zu befürchten, denn unsere Reiseleiterin dolmetschte, falls nötig, gerne für die Gruppe. Im Anschluss führte uns die Reise in den Kurort Marienbad, wo wir der sogenannten „Singenden Fontäne“ lauschten und uns von den Kräften des berühmten Heilwassers überzeugten, wenngleich uns auch in erster Linie der schweflige Geschmack in Erinnerung blieb.

Ein Höhepunkt des Freizeitprogramms war die Reise in die tschechische Hauptstadt
Vom Café des „Tanzenden Hauses“ aus gab es einen fast kostenlosen Blick auf Prag

Die zweite Exkursion führte uns am Sonntag nach Prag, wo wir zuerst eine kleine Wanderung durch die exklusive und teure „Pariser Straße“ unternahmen. Vom Rathaus am Altstädter Ring aus durften wir die Stadt auf eigene Faust erkunden, bevor uns die Tour in das Judenviertel führte. Die Führung dort war sehr ausführlich und anregend. In der Pinkas-Synagoge, wo im Gedenken an die Holocaust-Opfer fast 78.000 Namen an die Wände geschrieben wurden, realisierten wir, dass man mit Prag trotz allem nicht in erster Linie solch tragische Geschehnisse verbinden sollte, obwohl sie ein wichtiger Teil der Stadtgeschichte sind. Dies wurde uns später am alten jüdischen Friedhof abermals bewusst.

Um unseren Ausflug mit positiveren Gedanken abzuschließen, führte uns die Reiseleiterin schließlich zum sogenannten „Tanzenden Haus“, das wegen seiner außergewöhnlichen Architektur tatsächlich den Eindruck eines tanzenden Paares suggeriert. Im Übrigen hier ein Tipp der Einheimischen für eine atemberaubende Aussicht zum kleinen Preis: Statt ganz nach oben auf die Aussichtsplattform zu gehen, lieber im Café einige Etagen darunter ein Getränk bezahlen und die Aussicht von dort genießen. Das ist günstiger, fast genauso effektiv und dabei springt sogar noch eine Erfrischung heraus.

Wer auch abseits der Sommerschul-Angebote noch etwas unternehmen wollte, dem waren keine Grenzen gesetzt. Am ersten Freitag ging es daher nach dem Unterricht direkt in den wunderschönen Pilsner Zoo. Dort verbrachten wir fast den gesamten restlichen Tag, sahen den Giraffen beim Fressen, den Pinguinen beim Schwimmen und den Schimpansen beim Spielen zu. Am zweiten Freitag hielt das Wetter leider nur Regen für uns bereit, aber auch das hinderte uns nicht daran, uns einen schönen Tag zu machen. Mit Rucksack und Google Maps bewaffnet, wanderten wir in Richtung Schwimmbad und bekamen dabei auch entlegenere Winkel von Pilsen zu sehen. Nach dem Schwimmen gab es ein leckeres Abendessen im Restaurant nebenan. Mit dem Bus ging es zurück zum Wohnheim.

Der Pilsener Zoo entpuppte sich auch bei den Weidenern als Publikumsmagnet

Pilsen die vierte: Schule und Firmen mit vielen netten Menschen (Anna)

Der Unterricht am ersten Tag begann erst um 9 Uhr; somit hatten wir genug Zeit, zur Universität und zur Rezeption zu finden. Nachdem wir auf Umwegen über Baustellen endlich angekommen waren, besuchten wir die Willkommenszeremonie in einem großen Vorlesungssaal. Zur Sommerschule in Pilsen waren Menschen aus allen Ecken der Welt angereist, um deren fünfzigstes Jubiläum zu feiern.

Nach der Begrüßung machten wir uns auf die Suche nach unserem Klassenzimmer, das wir zum Glück schnell fanden. Hier lernten wir unsere Mitschüler kennen, mit denen wir die nächsten zwei Wochen Tschechisch lernen würden. Obwohl unsere Klasse zum größten Teil aus deutschen Schülern bestand, gab es dort auch einen Kasachen und zwei Amerikaner. Nach dem anfänglichen Schock, dass der Unterricht komplett auf Tschechisch stattfinden würde, begann auch schon die erste Unterrichtsstunde. Zum Glück wurden am ersten Tag nur Spiele zum Kennenlernen gespielt.

Zum Mittagessen ging es in die Mensa der Universität, die täglich sechs erschwingliche Gerichte anbot. Das Mensaessen entsprach unseren Erwartungen (bis auf den bereits erwähnten Karottensalat) Aber wir wurden immer alle satt.

Die nächsten Tage waren sehr arbeitsintensiv, da wir jeden Tag von 8.30 bis 15 Uhr Unterricht hatten. Vormittags wiederholten oder lernten wir Grammatik und neue Wörter, die wir im Nachmittagsunterricht spielerisch anwenden konnten. Beide Lehrerinnen gaben ihr Bestes, um den Unterricht so interessant und lustig wie möglich zu gestalten. Somit ging die Zeit wie im Flug vorüber. Obwohl der Unterricht auf Tschechisch abgehalten wurde, hatten wir kaum Probleme, unsere Lehrerinnen zu verstehen, da sie einfache Wörter wie etwa „mixovat“ oder „malovat“ verwendeten und alle unbekannten Wörter (manchmal mit Händen und Füßen) erklärten. Am Nachmittag spielten wir Pantomime mit den neuen Vokabeln, lasen Märchen auf Tschechisch, spielten Alltagssituationen oder machten ein Quiz, um uns den Stoff vom Vormittag einzuprägen. Dadurch lernten wir viel schneller als beim oft sehr theoretischen Unterricht am Vormittag.

Herzlicher Empfang bei der international agierenden Firma AKKA

Zusätzlich durften wir zwei Firmen besuchen: das europaweit agierende Technologie-Unternehmen AKKA mit Sitz in Brüssel sowie die Pilsener Tochtergesellschaft des in Deggendorf heimischen Bau-, Technologie- und Dienstleistungsunternehmens Max Streicher. In beiden erhielten wir eine teils tschechische, teils deutsche Führung. Dadurch wurde uns klar, wie wichtig die tschechische Sprache im Berufsleben ist und dass sie viele Türen öffnen kann. Beide Firmen arbeiten mit deutschen Partnern zusammen und suchen laufend nach neuen Mitarbeitern, die beide Sprachen beherrschen. Hier im Grenzbereich werden Tschechisch bzw. Deutsch oftmals als Sprachen mehr geschätzt als Englisch. Viele Mitarbeiter sprachen auch ein bisschen Deutsch, jedoch freuten sie sich sehr, wenn wir versuchten, auf Tschechisch zu kommunizieren (auch wenn uns manchmal Vokabeln fehlten oder wir Fehler machten, die zur allgemeinen Belustigung beitrugen).  So lernten wir natürlich wieder neue Wörter, die sofort im Vokabelheft landeten.

Durch die Firmenbesichtigungen erfuhren wir viel über das tschechische Arbeitsleben und die tschechische Kultur. Wir freuten uns über jede Gemeinsamkeit und konnten über unsere Unterschiede gemeinsam lachen. Lachen war eine Sprache, die wir wirklich alle verstanden. So war das Eis schnell gebrochen und wir trauten uns, Fragen zu den Betrieben zu stellen.

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Die Sommerschule hat uns wirklich sehr geholfen, nicht nur, weil wir Grammatik und Vokabeln lernen konnten, sondern auch durch die zwischenmenschlichen Kontakte. Wir trauten uns öfter, Tschechisch zu sprechen, und schämten uns nicht mehr so sehr, wenn uns mal ein Fehler unterlief. Egal, wie schlecht man einen tschechischen Satz vor sich hin stotterte, nie wurde man schief angeschaut. Im Gegenteil, überall traf man auf freundliche Menschen, die uns halfen und verbesserten. Wir können die Sommerschule in Pilsen nur weiterempfehlen und hoffen, dass noch viele Schüler die Möglichkeit haben, sie zu besuchen.